Logik und Problematik der Antikorruption by Sabine Fütterer

Logik und Problematik der Antikorruption by Sabine Fütterer

Autor:Sabine Fütterer
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Springer Fachmedien Wiesbaden, Wiesbaden


3.1.2.2.3 Deskription und Analyse der Antikorruption

Anschließend an die Untersuchung des Profils der Korruption im Kontext des Kölner Müll-Skandals gilt es nun, auch den Charakter der darauf folgenden antikorrupten Maßnahmen zu analysieren, um im Anschluss die Passgenauigkeit dieser beiden Profile abschätzen zu können. Auch dieser Schritt soll vor dem Hintergrund des Analyserahmens geschehen, indem die Reaktionen in ihren Fakten beschrieben, hinsichtlich ihrer impliziten und expliziten Bedeutung diskutiert und in den Rahmen des theoretischen Rasters eingeordnet werden.

Hierbei ist zuvorderst auf die Aufdeckung des Skandals selbst einzugehen, da diese als erste Etappe der Antikorruption begriffen werden kann. Bemerkenswert erscheint dabei die Tatsache, dass das Bekanntwerden des Skandals als schrittweiser Prozess zu begreifen ist. Die Grundlage dafür bildete zunächst die Bürgerinitiative KIMM (Kölner Initiative Müllvermeidung statt Müllverbrennung), welche schon in den frühen 90er Jahren Proteste gegen den Bau der MVA lancierte und dabei nicht nur die Bevölkerung hinsichtlich einer potenziellen Umweltbelastung, sondern auch bezüglich möglicher korrupter Mechanismen im Kontext der Bewertung der Lage sensibilisierte (DokZentrum 2003b; Berger und Spilcker 2003, S. 114). Die Speerspitze dabei bildete Werner Rügemer, der in der Stadtrevue regelmäßig über die Müllsituation Kölns sowie später auch über die Fortschritte bei der Aufdeckung berichtete56 und schließlich sogar in seiner Monografie Colonia Corrupta (2002) den gesamten Skandal aufarbeitete.

Der erste handfeste Hinweis auf Korruption und Schmiergelder bei der Vergabe des Bauauftrags der MVA tauchte schon 1996 bei der Steuerfahndung auf. In dem anonymen Schreiben wurden nicht nur die Schmiergeldtöpfe der Firma Steinmüller genannt, sondern auch konkrete Namen von Schmiergeldnehmern angegeben. Zwar wurden daraufhin die Räume des vermeintlichen Absenders durchsucht, weitere Ermittlungen fanden jedoch nicht statt (DokZentrum 2003b; DokZentrum 2003d; Berger und Spilcker 2003, S. 115; Rügemer 2002, S. 24; Überall 2010, S. 169). Erst im Jahr 2000 erreichten erneute anonyme Hinweise, welche die korrupte Auftragserlangung der Firma Steinmüller und die illegalen Provisionen Eisermanns beschrieben, die Steuerfahndung (DokZentrum 2003d). Kombiniert mit konkreten Informationen des BKA, das bundesweit wegen korrupten Verhaltens im Kontext des Baus von Müllverbrennungsanlagen ermittelte, reichte schließlich die Hinweislage aus, um strafrechtliche Ermittlungen der Staatsanwaltschaft einzuleiten und den Skandal an die Öffentlichkeit zu bringen (DokZentrum 2003b; DokZentrum 2003d; Rügemer 2002, S. 25; Wolf 2014, S. 88).

Nach seinem Bekanntwerden wurde einerseits mit kurzfristigen, spezifisch auf die Akteure des Komplexes angelegten Mitteln reagiert, andererseits aber auch langfristige Instrumente genutzt. Als akute Maßnahme ist hierbei in erster Linie die strafrechtliche Verfolgung einzuordnen, welche von der eigens eingerichteten Antikorruptions-Kommission Task Force Müll durchgeführt wurde. Die insgesamt zwölf Mitarbeiter – eine Gruppe aus „Staatsanwälten, Kriminalbeamten und Steuerfahndern“ (Berger und Spilcker 2003, S. 49) – erwirkten unter der Leitung des Oberstaatsanwaltes Arno Neukirchen ab 2002 Anklagen gegen Ulrich Eisermann, Sigfrid Michelfelder und Norbert Rüther, sowie gegen Karl Wienand und Hellmut Trienekens, welche als Hauptakteure der Schmiergeldaffäre identifiziert wurden (Berger und Spilcker 2003, S. 87, 99).

Während Michelfelder aus der Hauptverhandlung mit einer Haftstrafe von zwei Jahren auf Bewährung wegen Beihilfe zur Untreue und Bestechung im geschäftlichen Verkehr sowie einer Geldstrafe herausging, wurde Hellmut Trienekens 2004 zu zwei Jahren auf Bewährung wegen Steuerhinterziehung in zwölf Fällen und der Zahlung von zehn Millionen Euro57 verurteilt.



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